Die Widerspenstige
„Die Widerspenstige“
Komödie frei nach William Shakespear

Leitung: Kristina Ackermann, M. A.

Vier heißblütige Italiener werben um die hübsche Wirtstochter Bianca. Die kann aber nur einer kriegen, und auch der erst, wenn ihre ältere Schwester unter der Haube ist. So kommt Petruccio als Kellner ins Spiel, der die etwas widerborstige Katharina übernehmen soll. Dafür lockt der Job und die Tatsache, endlich von daheim ausziehen zu können.

Doch es kommt wie es kommen muss in dieser an Shakespear angelehnte Liebeskomödie: Petruccio findet Katharina gar nicht so garstig. Als bei der Doppelverlobung sämtliche Machenschaften aufzufliegen drohen, stellt sich die Frage: Eigennütziges Kalkül oder die Liebe?
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  Ausgabe Karlstadt
  vom Montag, den 06. Juni 2011

von Günter Roth
Erst soll die Beißzange unter die Haube
Gelungene Schüleraufführung von „Die Widerspenstige“

Mit einer rundum gelungenen Adaption von William Shakespeare „Der Widerspenstigen Zähmung“ begeisterte die Theater-Arbeitsgemeinschaft der Johann-Rudolph-Glauber-Realschule Karlstadt im Theater in der Gerbergasse ihr Publikum. Das hoch motivierte Schüler-Ensemble, bestens geführt von Kristina Ackermann, zeigte neben einigen herausragenden Spielern insgesamt eine geschlossene Leistung.

Große Ratlosigkeit herrscht im Ristorante Baptista: Wie feiert man „keine Verlobung“? In dem wohl schlechtesten Lokal von Kampanien, das nur wegen seines unvergleichlichen Sonnenuntergangs besucht wird, lebt die sanfte und vielfach umworbene Bianca. Doch der Padrone Signore Baptista lehnt jeden Brautwerber ab, bis er seine älteste Tochter Katharina unter die Haube gebracht hat. Das Problem eint die liebestollen Rivalen Hortensio, Gremio und Lucnetio, die nun gemeinsam den „schlechtesten Kellner“ Petruccio auf Katharina ansetzen. Die allerdings gehört zu der Gattung, die man in Franken Bissgurrn, Beißzange oder Hausdrachen nennen würde. Ein hartes Stück Arbeit für Petruccio also.

Seit dem Shakespeare-Klassiker haben sich schon viele an diesem Stoff versucht - man denke nur an „Kohlhiesels Töchter“ mit der unvergleichlichen Liselotte Pulver. Die Realschüler aber haben sich eine Version von Christoph Eckert herausgesucht, die die Handlung sehr frei in die heutige Zeit und nach dem südlichen Italien verlegt. Eckert gibt dem an sich schon temporeichen Stoff noch kräftig Feuer mit einer Fülle von deftigen schwank-ähnlichen Ausdrücken und Vergleichen: Sprüche wie „Bei den vielen Trampeln und Küchenschaben hier im Dorf gibt es halt keine Bessere“ oder „Wenn ich einen Idioten sehe, sage ich ihm das! Und hier gibt es nur Idioten!“ bringen wie selbstverständlich Lacher.

Geschickte Besetzung

Ein besonders glückliches Händchen hat die Lehrerin und Regisseurin Ackermann in der Rollenauswahl getroffen, vor allem bei der Hauptrolle. Felix Lehmann ist als „Latin-Lover“ Petruccio einfach umwerfend - ein echter Knaller! Frisch, frech, souverän und doch von einer schon abgeklärt wirkenden Ernsthaftigkeit zeigt der Bühnenneuling aus dem Stand eine ungewöhnliche schauspielerische Ausdruckskraft mit viel Dynamik und großer Variationsfähigkeit. Er gibt nicht nur den überdrehten Buffo oder den selbstverliebten Macho, er hat darüber hinaus auch tiefes Einfühlungsvermögen, kann seelische Zweifel und Verzweiflung genauso darstellen wie lautes Poltern.

In der Premiere zeigte sich Dana Hepp in der Rolle der widerspenstigen Katharina als die ideale Gegenspielerin. Herrlich skurril, bockig und streitsüchtig zeigte sie sich als Zicke allerbester Qualität. Auch die allmähliche Wandlung und die innere öffnung der Widerspenstigen konnte sie überzeugend darstellen. Keine leichte Rolle hat Arthur Kautz, der den italienischen Padrone Baptista so spielt, wie wir Mitteleuropäer es von einem Südländer erwarten. Große Gesten, hektischer Redeschwall und „Mama mia!“ gelingen dem jungen Mann recht gut.

Prima auch die Rivalen Hortensio (Simon Morgenstern), Gremio (Luca Schmitt-Walz) und der Kleinstadt-Playboy Lucnetio (Jan Wetekam). Die aufgeklebte Koteletten und falsche Bärtchen bei jungen Leuten wirken richtig erfrischend - eben gewollt!

Dass man auch aus Nebenrollen etwas machen kann, zeigen Viktoria Schmilewski als gefällig-schrullige Mama des Petruccio und Steffi Erkal als die ewige angetrunkene Seniora Tranio, die stets im Hintergrund ihre Mätzchen treibt und tiefgründige Lebensweisheiten zum Besten gibt. In den weiteren Rollen waren Mareike Bauer als die Tochter Bianca, Lea Gehrsitz (Seniora Baptista), Friedrich Wilhelm Schmilewski (der Poet) sowie die „Touristenfamilie“ Kathrin Hoppe, Jana Köber und Dominik Schmid.

Am kommenden Dienstag und Mittwoch wird das Stück „Die Widerspenstige“ in teilweise anderer Besetzung noch einmal im Theater in der Gerbergasse jeweils um 19 Uhr aufgeführt. Dann erfährt man auch, ob Liselotte Pulvers Lied „Jedes Töpfchen find sein Deckelchen“ auch in diesem Fall stimmt.