Fotos: Gerd Nickel
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  Ausgabe Karlstadt
  vom Donnerstag, den 29. November 2012

von Günter Roth
Der schöne Schein
HINTER DEN KULISSEN: Angelika Nickel schminkt die Schauspieler

Theater lebt natürlich von den Schauspielern, aber auch von den unsichtbaren, guten Geistern hinter der Bühne. Unsere kleine Serie „Hinter den Kulissen“ ist diesen Leuten gewidmet, ohne die letztendlich gar nichts geht. Heute stellen wir die Friseurin und Maskenbildnerin Angelika Nickel vor.

Geduld und Ausdauer sind gefordert, wenn Angelika Nickel ihre Arbeit schon gut anderthalb Stunden vor dem Beginn der Aufführung beginnt und auch mit dem ersten Vorhang noch immer nicht fertig ist. Sie ist dafür verantwortlich, dass die Schauspieler im Theater in der Gerbergasse immer passend geschminkt und frisiert sind.

Dass Schminken und Theatermaske eine ganz besondere Kunst sind, steht außer Frage. Nickel sieht sich vor jeder Aufführung vor neue Aufgaben gestellt. Jedes Stück, jede Szene und vor allem jeder Mime stellt andere, neue Anforderungen an die gelernte Friseurin. Wie ist das Licht auf der Bühne, wie ist es um die Außentemperatur etwa beim Sommertheater im Hofriethgärtlein bestellt, wie nahe sitzt das Publikum bei den Akteuren?

Nickel muss auch manchmal nachhelfen, wenn die Person des Schauspielers nicht perfekt zur Rolle passt; wenn zum Beispiel eine eher nordische Blondine notgedrungen eine exotische, südländische Schönheit spielen muss. Mit einer dunklen Perücke allein ist das nicht getan, wenn Augenbrauen oder der Teint nicht dazu stimmen oder wenn der eine oder andere stärker schwitzt und mehr Puder braucht, das andererseits aber auch nicht während der Vorstellung verlaufen darf.

Licht frisst Farbe

„Licht frisst Farbe“, ist eine alte Maskenbildner-Weisheit. Das heißt, wer bei Angelika Nickel auf dem Stuhl sitzt, wird so stark geschminkt, wie er sich niemals auf die Straße traute. Werner Hofmann, bekannt für drastische Sprüche, sagt hier: „Wenn's in der Maske ausschaut wie eine Fünf-Mark-Nutte, dann ist's auf der Bühne richtig.“ Auf diese Weise werden auch die männlichen Mimen ganz schön hergenommen mit scharfen Kajal-Schatten um die Augen, damit diese deutlich werden.

Sorgfältige Analyse ist da schon im Vorfeld nötig. Gemeinsam mit den Regisseuren stellt Nickel einen exakten Schmink- und Frisierplan auf. Hier wird festgelegt, wer in welcher Reihenfolge zum Schminken dran ist und wer wann eventuell nachgeschminkt werden muss, weil vielleicht andere Szenen veränderte Eindrücke vermitteln sollen.

Manchmal aber steckt auch der Teufel im Detail. So wie bei einem Sommertheater am Main, als sich das kesse Bärtchen des Protagonisten wegen der Hitze immer wieder selbstständig machen wollte, was die Schauspielerin Barbara Hubrich veranlasste, ihren Partner Hofmann immer wieder ohne Anweisung des Drehbuchs zärtlich zu tätscheln, um dabei gleichzeitig den Bart wieder zu fixieren. Schließlich wurde es dem Schauspieler zu dumm und mit einer deftigen Verwünschung schickte er den Bart kurzerhand auf den Bühnenboden.

Neue Erkenntnisse sammeln

Als Friseurin hat Nickel neben ihrem natürlichen Geschick auch fundierte Kenntnisse und Erfahrungen. Trotzdem informiert sie sich stets, wie andere Kollegen arbeiten. So hat sie zum Beispiel dem bekannten Chef-Maskenbildner Raimund Ostertag am Stadttheater Würzburg über die Schulter schauen und neue Erkenntnisse sammeln dürfen. Auch Arno Ludwig ist ihr immer ein treuer Helfer und Ratgeber. Wenn jetzt zum Beispiel zum Weihnachtstheater Momos Schildkröte der Maske alles abverlangt, so hat er die Figur im Voraus fachmännisch geschminkt, das Werk wurde fotografiert und dient nun Angelika Nickel als Vorlage für die Vorstellungen.

Also Augen auf bei Momo: Ein gemeinsames maskenbildnerisches Kunstwerk lockt neben dem Schauspiel.