Viktor von Bülows Portrait im Karlstadter Theater in der Gerbergasse zeigt einen Herrn, der freundlich und wohlwollend auf das Geschehen auf der Bühne blickt und mit Sicherheit hätten der unübertroffene Meister und Evelyn Hamann
ihre helle Freude gehabt an diesem vergnüglichen Abend mit ausgewählten Szenen von Loriot. Das Premierenpublikum war vom ersten Augenblick bis zum umjubelten Finale hell auf begeistert.
Es sind aber nicht nur die feinen Situationen voller Peinlichkeiten, Unbeholfenem und dem verzweifelten Versuch "Contenance zu bewahren", der Abend lebt in hohem Maße
vom hochmotivierten Ensemble und dem Regisseur Klaus Brehm, der selbst als Akteur auftritt und seine Mitspieler mit viel Gespür perfekt in den Sketchen einsetzt.
Dies ist aber auch wirklich nötig, denn das große Vorbild Loriot war eben doch unnachahmlich in seinem Wandlungsvermögen - und seine Schauspielpartnerin Hamann war ihm hier nahezu ebenbürtig.
Durch das Geschick des Regisseurs passt alles zusammen und fügt sich gemeinsam in die vielschichtigen Vorgaben der Figuren ein.
"Oh Gott, was sind Männer primitiv!"
Brehm gelingt es, den ehrbaren Herrn zu geben, der im Bemühen um bürgerliche Umgangsformen die Haltung zu bewahren, dann doch immer wieder tragikomisch in die Katastrophe führt, weil er eben so
unflexibel und verklemmt ist. "Das Bild hängt schief" oder das Bemühen um "Erotische Stunden" zeigt dies deutlich. Köstlich gibt Thomas Trummer den scheinbar souveränen Mann von Welt, der dann
aber beim Jodel-Diplom an der Unfähigkeit seiner Schüler verzweifelt: "wie schreibt man du didl dö?". Bei der Rede des Politikers setzt er Loriots unvergleichliches Geschick um, Plattitüden so
vorzutragen, dass der Zuhörer stets nach einem Gedankenstrang sucht und doch wieder leer ausgeht.
"Männer und Frauen können nicht miteinander!", Peter Daumberger und Barbara Hubrich zeigen, wie Ehepaare miteinander reden, ohne einander zuzuhören. Das Ei ist hart - ich lasse mir von einem kaputten
Fernseher nicht vorschreiben, wohin ich schauen soll - ich will einfach nur dasitzen". Ihre Reaktion: "Oh Gott, was sind Männer primitiv!" Jutta Waßmann glänzt als Fernsehansagerin mit
"North Cotheslsone Hecketh-Fortescue und als Politesse. Für sie gab es Beifallsstürme. Ist sie nun die unausgefüllte Gattin mit Jodeldiplom, die ausgeflippte Weinverkosterin oder die distinguierte,
unnahbare Möchtegern-Dame? Waltraud Flederer setzt ihre Rollen bestens um.
Erotikobjekt wider Willen
Verena Kimmel ist das Erotikobjekt wider Willen, herrlich unbeholfen und dann doch letztendlich männermordend. Zurückhaltend und doch wo nötig pointiert spielt Janik Havla - köstlich in der Bettszene
bei Deutsch für Ausländer: "Das Zweite Futur bei Sonnenaufgang". Nicht fehlen darf natürlich Bob Emsden. Wandlungsfähig gibt er den überforderten Rentner, den scheinbar gehörnten Ehemann und den
uneinsichtigen Bettenkäufer: "Meine Frau hopst wo sie will!"
Selbstverständlich lässt das Ensemble in der Gerbergasse fast nichts aus Loriots Vermächtnis aus. Loriot-Klassiker ist das Interview mit dem 66-jährigen Erwin Lindemann, der mit dem Papst eine Boutique
auf Island machen will, Tränen lachte das Premierenpublikum bei der Verwüstung des Zimmers wegen eines schiefen Bildes - eine logistische Meisterleistung. Der Kampf um den "Kosakenzipfel" zeigt,
wie eine scheinbare Freundschaft durch einen nichtigen Anlass kläglich zerbricht. Jubel und Bravorufe bei der aberwitzigen Story um die pflichtbewusste Politesse, welche das ganze Ausmaß
von Contenance und Tragikomik aufzeigt.
Zum großen Finale kam natürlich der Gipfel aus Absurdistan: "Es saugt und bläst der Heinzelmann". Das einzige was fehlte: "Herr Müller-Lüdenscheid, meine Ente teilt ihr Badewasser nicht mit Ihnen!"
Noch bevor der Vorhang fiel gab es nicht enden wollenden Applaus. Ein großes Lob für die Regie, das Ensemble und natürlich für das perfekt ausgeklügelte Bühnenbild.
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